Reisekrankenversicherung, Urteile

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Privatklinik im Urlaubsland


Sachverhalt:
Im Urlaub in der Türkei erkrankt ein zwölfjähriges Mädchen an einer Magen-Darm-Entzündung, was zu einer Dehydrierung führte. Der Hotelarzt ließ das Mädchen in eine drei Kilometer entfernte Privatklinik transportieren. In der Privatklinik fand eine Behandlung mit Infusionen über einen Zeitraum von 2 Tagen statt. Die Behandlungskosten beliefen sich auf 2.300 Euro. Die Mutter bezahlte die Rechnung und leitete diese an ihre gesetzliche Krankenkasse weiter. Die gesetzliche Krankenkasse lehnte die Kostenübernahme ab, da eine Behandlung in einem staatlichen Krankenhaus nur Kosten in Höhe von 370 Euro verursacht hätten. Die Mutter verklagte ihre gesetzliche Krankenkasse auf Übernahme der Kosten der Privatklinik.


Entscheidung:
Die Klage wurde als unbegründet abgewiesen.


Begründung:
Im Rahmen des Sozialversicherungsabkommens zwischen der Türkei und Deutschland besteht der Anspruch auf Leistungen im Rahmen des türkischen Krankenversicherungssystems. Es bestand die Möglichkeit, dass die Tochter in das zwölf Kilometer entfernte staatliche Krankenhaus transportiert worden wäre. Es bestand keine Notwendigkeit zum Transport in die Privatklinik. Bei einer Reisekrankenversicherung besteht Versicherungsschutz für Behandlungen in einer Privatklinik. Diese hätte die auch die Restkosten übernommen.

Hessisches Sozialgericht 19.10.2017
Az. L 8 KR 395/16


Kostenübernahme bei medizinisch notwendigem Krankenrücktransport


Sachverhalt:
Ein Ehepaar verbrachte ihren Urlaub in Frankreich. Die Ehefrau war in der 35. Schwangerschaftswoche. In Frankreich kam es zu Komplikationen, so dass die Frau im Krankenhaus behandelt werden musste. Sie bekam einen Wehenhemmer, der eine Wirkungsdauer von 48 Stunden hatte. Nach einer Nacht im Krankenhaus empfahl der französische Arzt die Heimreise und bescheinigte der Frau die Unbedenklichkeit des Rückflugs. Der Ehemann buchte einen Charterflug für sich und seine Ehefrau. Die Rechnung über 10.800 Euro reichte der Ehemann bei seiner Reisekrankenversicherung ein. Diese lehnte die Kostenübernahme ab, denn der Rücktransport mit einem Charterflug sei nicht medizinisch notwendig gewesen. Der Versicherungsfall war durch die Krankenhausbehandlung in Frankreich bereits abgeschlossen. Der Ehemann verklagte die Reisekrankenversicherung auf Übernahme der Kosten für den Charterflug.


Entscheidung:
Der Versicherte bekam nur teilweise Recht. Die Reiseversicherung muss dem Versicherten 2.000 Euro erstatten.


Begründung:
Das Gericht bestätigte die medizinische Notwendigkeit einer Rückreise. Jedoch bemängelte das Gericht die Art des Rücktransports. Statt eines teuren Charterflugs wäre ein Linienflug oder die Rückreise mit der Bahn angemessen gewesen.

OLG Karlsruhe 07.05.2015
Az. 12 U 146/14


Übernahme der Behandlungskosten bei Selbstmordversuch


Sachverhalt:
Für eine Reise nach Mexiko schloss eine Witwe eine Auslandsreisekrankenversicherung ab. Aus Trauer über den Verlust ihres Mannes schnitt sie sich die Pulsadern auf. Hotelmitarbeiter fanden die Witwe auf ihrem Zimmer und verständigten den Notarzt. Die Witwe überlebte und forderte die Erstattung der Behandlungskosten von ihrer Auslandsreisekrankenversicherung. Der Versicherer lehnte die Kostenübernahme ab, mit der Begründung, dass auf Vorsatz beruhende Krankheiten und Unfälle im Versicherungsschutz nicht beinhaltet sind. Die Witwe verklagte den Versicherer auf Zahlung der Behandlungskosten mit der Begründung, dass es sich beim Selbstmordversuch und den damit verbundenen Verletzungen nicht um einen selbst herbeigeführten Unfall handelte.


Entscheidung:
Das Gericht hat die Klage abgewiesen. Die Witwe muss die Behandlungskosten selbst tragen.


Begründung:
Bei einem Selbstmordversuch handelt es sich sehr wohl um einen vorsätzlichen Unfall. Das Aufschneiden der Pulsadern stellt eine Einwirkung von außen dar. Ausreichend ist, dass sich der Vorsatz auf die Handlung bezieht. Das die Verletzungen nicht beabsichtigt waren, spielt daher keine Rolle. Selbst schwerste Verletzungen sind als Durchgangsstadium eines fehlgeschlagenen Selbstmordversuches anzusehen. Als Orientierung können Aussagen eines Arztes herangezogen werden.

LG Dortmund 16.01.2014
Az. 2 O 309/13



Unerwartet schwere Erkrankung am Urlaubsort


Sachverhalt:
Der Versicherungsnehmer wurde am Vortag seiner Urlaubsreise operiert. Auf eigenen Wunsch und entgegen dem Anraten der behandelnden Ärzte verließ der Versicherungsnehmer noch am Operationstag das Krankenhaus auf eigene Gefahr. Am Urlaubsort kam es zu Komplikationen, die eine ärztliche Behandlung zur Folge hatten. Der Versicherungsnehmer verlangte die Übernahme der Behandlungskosten durch seine Reisekrankenversicherung. Der Versicherer lehnte die Kostenübernahme ab, da es sich in diesem Fall nicht um eine unerwartete Erkrankung handelte. Der Versicherungsnehmer klagte auf Übernahme der Behandlungskosten.


Entscheidung:
Die Klage wurde abgelehnt.


Begründung:
Die Reisekrankenversicherung muss die Behandlungskosten der Komplikationen der Operation nicht übernehmen. Die Versicherungsbedingungen setzen eine akute und unerwartete Erkrankung voraus. In diesem Fall besteht eine akute Erkrankung, jedoch ist diese nicht unerwartet. Grund hierfür ist, dass der Versicherungsnehmer das Krankenhaus entgegen dem Anraten der behandelnden Ärzte auf einen Wunsch verlassen hat, obwohl es Anhaltspunkte für das Auftreten von Komplikationen gab. Auch wenn der Versicherungsnehmer darauf vertraute, dass nach einer Operation ohne Schonung keine Komplikationen auftreten, so ist die Behandlung am Urlaubsort nicht unerwartet. Sprechen viele Anhaltspunkte für das Auftreten von Komplikationen, so ist es grob fahrlässig darauf zu hoffen, dass keine weiteren Behandlungen notwendig sind.

LG München 02.04.2009
Az, 12 O 9877/08